Gotteshaus ist spannend wie ein Krimi

Ortsbesichtigung Burgschwalbacher Kirche ist rund 1000 Jahre alt – Bürger helfen bei Erhalt

Von unserer Mitarbeiterin

Wilma Rücker

Burgschwalbach. Romanischer Wehrbau trifft auf gotischen Chorraum, vorchristliche Runenzeichnungen begegnen christlichen Symbolen. Ein Pfarrer, der mindestens vier seiner Gemeindemitglieder, darunter seine eigene Tante, auf den Scheiterhaufen schickte, hat auf dem Weg zur Kanzel eine dauerhafte Botschaft hinterlassen. Eine Grabplatte hinter dem Altar von 1557 mit rätselhaften Inschriften und zwei wunderbare Buntglasfenster des Odenwälder Künstlers Heinz Hindorf über dem Altar. Der Besucher der Burgschwalbacher Kirche ist bereits auf den ersten Blick beeindruckt. Doch das ist noch lange nicht alles, was die kleine, ungewöhnliche Kirche zu bieten hat.

Pfarrerin Melanie Schneider, bekannt für ihre lebensnahen und zeitaktuellen Predigten, machte einen Extrabesuch außerhalb der Gottesdienstzeit möglich. Gerade erst hat die Kirche für mehr als 100 000 Euro ein neues, stabiles Dach bekommen. Abreißen und erneuern, wie vielerorts Mode geworden und auch praktiziert wird, kommt hier nicht infrage. Wie die Pfarrerin erzählt, wird ständig repariert und instand gesetzt, so wie es der Kirchensäckel – ganz altmodisch, aber bodenständig – gerade erlaubt. Viele Mitglieder der Kirchengemeinde haben aber dabei auch einen Extrabeitrag geleistet. Auf Weihnachtsmärkten und bei anderen dörflichen Veranstaltungen wurde stets an das marode Dach erinnert und fleißig gebastelt, gedrechselt, gebacken, gekocht und gesammelt. Die Burgschwalbacher sind stolz auf ihre Kirche, die so viel zu erzählen hat – man muss nur lange genug in sie hineinhören und hinschauen.

Der Blick vom Altar aus lässt das 1000-jährige Kirchenschiff mit seinen leicht geneigten Balken wie ein echtes Schiff anmuten. Eine Arche Noah in Burgschwalbach? Die Decken sind reich mit grafischen Stuckelementen ausgeschmückt. Und der ungeliebte, bereits erwähnte Pfarrer Johannes Heymann, damals 59 Jahre alt, ließ die Kirche 1678 gründlich renovieren und hielt seine Vorgaben schriftlich im Kanzelaufgang fest. Dieser ist aus Platzmangel nur durch einen Mauerdurchbruch vom Chorraum aus zu besteigen. Heymanns Renovierung ist ein einmaliges Nebeneinander von vorchristlichen Runen und christlichen Symbolen.

Das Kirchlein, etwa um 1100 nach Christus als romanische Wehrkirche errichtet, wurde an der Stelle erbaut, wo sich vorher eine alte Kultstätte befand. Erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts folgte der Anbau des Chorraums im gotischen Stil. Grabplatten im Altarraum und an der Außenseite der Kirche erzählen geheimnisvolle Geschichten aus dem Leben verstorbener Adliger, die hier ihre letzte Ruhe fanden. Zu weiteren Besonderheiten in dem kleinen Gotteshaus am Palmbach zählen das schwarze Marmortaufbecken von 1714 und das Altarkreuz von 1716. Auch die Orgel und das Geläute sind sehens- und hörenswert. Die Kirche ist nach Rücksprache im Pfarrbüro jederzeit zu besichtigen.

Rh.-Lahn-Ztg. Diez vom Freitag, 14. Januar 2011, Seite 19

 

Pfarrerin Melanie Schneider (hier vor der alten Grabplatte von 1557 im Altarraum) weiß viele Geschichten um das schöne Kirchlein in Burgschwalbach zu erzählen.Foto: Wilma Rücker

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Veröffentlichung

Burgschwalbach
Fr, 07. Januar 2011

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